Was ist eigentlich so schlimm am vielen Sitzen? Ist doch bequem! Aber nur bis die tief in uns arbeitenden Muskeln dagegen rebellieren, dass sie ständig in sich zusammen gezogen, ihrer Bewegungsfreiheit beraubt und von der Versorgung ihrer Nerven und Blutgefäße geradezu abgeschnitten werden. Dann reagieren sie über kurz oder lang mit einem beklemmenden Schmerz in der Gegend der Lendenwirbelsäule. Salben, Wärmepflaster oder Spritzen bringen – wenn überhaupt – nur kurzzeitig Linderung. Wirklich schmerzfrei arbeitet das Dreigestirn aus Darmbein-, großem und kleinem Lendenmuskel nur durch Beugen und Strecken.
Denn das ist die ursprüngliche Aufgabe des Hüftbeuger-Trios, das auch Iliopsoas genannt wird:
– Beine beugen,
– Becken aufrichten oder kippen,
– Wirbelsäule stabilisieren.
Alle diese Aufgaben sind beim Dauersitzen nicht gefragt. Im Gegenteil. Die andauernde Kontraktion lässt die Muskulatur verhärten. Dann werden Oberschenkel und unterer Rücken zusammen gezogen. Häufig entstehen genau dadurch die Schmerzen. Davor schützt gezieltes Training über die gesamte Bandbreite seiner Bewegungsfähigkeit. Besonders das Dehnen liebt der Hüftbeuger.
Zu schwach ist genauso schlimm wie zu hart. Dann wird die Muskulatur schnell mal überdehnt. Das kann zu Schmerzen am Beckenrand und sogar zu Bandscheibenvorfällen führen. Deshalb braucht der Iliopsoas ein ausgewogenes Training von Kräftigung und Dehnung. Zur Kräftigung Übungen wie den Hüftbeuger Gang, das Boot oder die Hüftbeuge an Sprossenwand oder Klimmzugstange; zur Dehnung tiefe Ausfallschritte oder die Schulterbrücke.
Und immer die gesamte Spanne der Beweglichkeit nutzen.
Das bedeutet zum Beispiel beim Bauchmuskeltraining an der Sprossenwand, die Beine nicht nur bis zur Hüfte anzuheben, sondern so hoch wie möglich – selbst wenn dann weniger Wiederholungen möglich sein sollten.
Im Stehen tun dem Iliopsoas alle Arten von Beinbeugen über einen Winkel von 90 Grad besonders gut.
Eine der wirksamsten Übung: Rückwärts auf einen Tisch oder tisch-hohen Kasten legen, so dass ein Bein über die Kante nach unten hängt und dabei das Knie des anderen Beines umfassen und zur Brust ziehen.
Und natürlich auch daran denken: Wird ein Muskel trainiert, ist es immer gut, auch seinen Gegenspieler zu kräftigen, in diesem Fall also den Hüftstrecker.
Foto: Milosz Derwis, shape UP